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Tesla Model S: Kein Auto wie jedes andere

Auf den ersten Blick denkt man an einen Maserati / Jaguar Verschnitt (perfekter Mix aus britischer und italienischer Designkunst) im Porsche Panamera Style. Eine Mischung aus Luxuslimousine, wie eine Mercedes S-Klasse und ein (sehr schwerer) Sportwagen à la Jaguar F-type oder Porsche 911.. Beachtet man nur die Leistungen, denkt man eher an einen Super-Sportwagen: von 0 auf 100km/h in nur 3,1 Sekunden. (zum Vergleich: ein Porsche 911 braucht dafür fast fünf Sekunden). Eine Motorenleistung von 700 PS. 930 Newtonmeter die vom Start weg anliegen. Doch dann kommen die Maße von 4,97m Länge und die Breite von 2,19m. Das Gewicht von 2,1 Tonnen spricht auch eher gegen einen Sportwagen. Und der Verbrauch von null Litern Benzin auf 100 km ist alles andere als Sportwagen- gerecht.

Doch kaum sitzt man drin, braucht man gar keinen Motorsound mehr. Das leise und Fahrer-abhängige schnelle reisen ist viel angenehmer und angebrachter.

Man steigt in das Cockpit des Wagens und ist erst einmal total fasziniert: Es sind keine Knöpfe  zu finden. Okay ein, zwei sind dann doch verbaut, z.B. die Fensterheber oder der Lenkrad-Schalthebel für den Fahrtrichtungsschalter (ja richtig: Das Auto hat gar kein Getriebe, deshalb gibt es zwar den aus dem Mercedes stammenden Gangwahlhebel, aber der hat nur drei Stellungen: Vor, Zurück und Neutral. Und wenn man draufdrückt, ist die Feststellbremse aktiviert, das war‘s.

Der Großteil aller übrigen Einstellungen wird über den hochauflösenden 17-Zoll großen Touchscreen (jawohl, das ist größer als die meisten Laptops!) in der Mitte des Cockpits gesteuert. Hier reichen die Einstellungen sehr weit, denn nahezu jede Funktion des Autos ist über dieses „XXL-iPad“ zu steuern.

Demnach dient der Screen als Kommandozentrale. Um das Panorama-Glasdach zu öffnen, die Klimaanlage einzustellen oder den Radiosender zu wechseln: ein Touch mit der Hand genügt. Der Bildschirm gewährt jedoch mehr als nur den Zugriff auf Funktionen und Fahrzeugdaten: Zusammen mit dem digitalen Kombiinstrument und den Tasten am Lenkrad verwirklicht er eine nahtlose Integration von Medienzugriff, Navigation und Kommunikation. Tesla spendiert dazu eine SIM-Card, die Internetsurfen auch während der Fahrt ermöglicht.

Als ich zum ersten Mal von Tesla und dem neuen Limousinen Modell „Model S“ hörte, war ich sehr skeptisch. Ein Auto, das zwar nett anzuschauen ist, aber welches aufgrund des Elektromotors wahrscheinlich nur eine geringe Reichweite haben wird und dann ohne Motorsound: Nein dachte ich, das geht gar nicht. Und ein Auto ohne Sound oder Geräusche sei einfach kein richtiges Auto, sondern allenfalls ein Spielzeug für verbissene Öko-Freaks.

Doch dieser Gedankengang wurde nach der ersten Probefahrt komplett widerlegt … Dieses Auto, der Tesla Model S P85D ist eines, das ausschließlich aus Emotionen besteht. All die Eigenschaften, die ein Top-Sportwagen haben sollten, kombiniert mit unglaublichen Spielereien, die jeden Elektronik-Freak vor Neid erblassen lassen, ja das bringt es auf den Punkt:

Drive the emotions! Ergreifende Emotionen (Handling, Fahrgefühl, Bedienkomfort, Styling usw.), grüne Emotionen (keine Abgase, gutes Gewissen), unglaubwürdige Emotionen (über trieben schnelle Beschleunigung), wehleidige Emotionen (wenn man das Auto tauscht und wieder Benziner fährt)

Alleine die Beschleunigung hat es so gewaltig, dass man sie nicht für real hält. Oder wenigstens denkt, man sei in der härtesten Achterbahn der Welt unterwegs. Man spürt richtig wie das Gehirn bei der Beschleunigung an die hintere Schädelwand prallt und die Augen sich permanent neu fokussieren müssen, nachdem man die gewünschte Geschwindigkeit erreicht hat. Das ist vermutlich auch mit ein Grund dafür, dass man bei der ersten Probefahrt das Fahrzeug niemals ausgehändigt bekommt, sondern immer ein Instruktor mitfährt. Zu Anfang dachten wir auch, das sei lästig, aber im Gegenteil, wo sonst bekommt man einen ganz persönliche Fahrstunde mit jemandem, der das Fahrzeug in- und auswendig kennt und es im Detail erklären kann, während man fährt. Und Fragen über Fragen haben wir in den mehr als 4 Stunden die wir allein mit dem TESLA-Team verbrachten, allesamt beantwortet bekommen. Und dann haben wir das Internet befragt: Es gibt nämlich keine gedruckten Prospekt von Tesla. Wozu auch, wäre doch sowieso nur Umweltverschmutzung, denn die werden doch meist nach einmal Durchblättern weggeworfen. TESLA setzt konsequent auf die CLOUD-Community: Internet Videos, die von begeisterten Kunden zu tausenden (!) ins Internet gestellt werden. Und wir haben nach über 3 Wochen Recherche kein einziges negatives finden können. Irgendwie ist das Ganze fast unheimlich, oder zu schön um wahr zu sein?

Das einzige Auto, das nach dem Kauf immer besser wird

Ach ja, warum wirbt TESLA mit dem Spruch: Das einzige Auto, das nach dem Kauf immer besser wird? Ja, weil es zum Auto wie bei den Smartphone-Apps, ständig Updates gibt. Wohlgemerkt, nicht irgendwelche nutzlosen Gimmicks, sondern echte nutzbare Zusatzfunktionen. Beispiel: Wer ein Automatikauto fährt kennt den sogenannten CREEP-Modus. Das bedeutet, ein Automatikauto steht immer unter Spannung, wenn der Gangwahlhebel auf Fahren, also „D“ steht. Wenn man an der Ampel steht oder sonst anhält, muss man permanent die Bremse treten, sonst rollt das Auto los (es kriecht, oder englisch: „to creep“). Dieser Effekt ist beim normalen Auto technisch bedingt, weil  das Automatik-Wandlergetriebe immer unter Spannung stehen muss. Beim Elektroauto gibt es gar kein Getriebe, es hat quasi nur einen einzigen Gang. Und beim Elektroauto gibt es ganz „digital-like“ nur „An“ oder „Aus“. Nach und nach haben aber TESLA-Käufer, die von einem normalen Automatikfahrzeug umgestiegen waren, genau diesen CREEP-Effekt vermisst. Also hat TESLA ihn einfach per Software-App nachprogrammiert und allen TESLA Fahrzeugen per automatischem und kostenlosen (!) Update zur Verfügung  gestellt. Ab sofort kann jeder TESLA-Kunde einfach per Touchpad auswählen, ob er mit oder ohne CREEP fahren will und wohlgemerkt, alles ohne Werkstattbesuch und auch für ältere Fahrzeuge. Eigentlich irgendwie unvorstellbar, oder?

Und noch etwas: Das fehlende Getriebe spart nicht nur Gewicht und verschleißanfällige Bauteile, durch den Wegfall der Kardanwelle (das ist die Getriebestange unter jedem normalen Auto, die den Motor mit der Hinterachse verbindet bzw. den Motor mit dem Getriebe) wird jede Menge Platz im Auto gespart. Zwischen den Sitzen – da wo sonst die Gangschaltung sitzt- ist nichts außer einer gigantischen Ablage.

Die Leistungsdaten sprechen für sich und sind auch mit das faszinierendste, aber bei Weitem noch nicht alles: Denn auch das Fahrgefühl ist unglaublich gut. Dabei hilft vor allen die seidensanfte und hochpräzise Luftfederung, die den TESLA zur rollenden Sänfte macht. Schlaglöcher Eisenbahnschienen oder Gully Deckel scheint es gar nicht mehr zu geben, jedenfalls spürt man sie nicht. Und dann noch die Verstellbarkeit in so vielen Stufen, dass wir erst dachten, der TESLA-Berater hätte Millimeter mit Zentimeter verwechselt: Es sind unglaubliches 20 cm (!), die sich das Fahrzeug anheben und absenken lässt. Vom SUV praktisch zum Ferrari. [Siehe Fotos]

Und was das hohe Gewicht angeht, das Kritiker immer mal wieder als Nachteil bemängeln, es hat nur Vorteile: Es ist ausschließlich den Batterien geschuldet, denn der eigentliche Motor ist nicht viel größer als ein Schuhkarton, wohlgemerkt bei 700 PS! Der Wagen fährt praktisch wie auf Schienen: Generationen von Fahrzeug-Ingenieuren forschen ununterbrochen daran, den Schwerpunkt eines Sportwagens möglichst tief zu legen, um die Fahrstabilität zu erhöhen. Jeder der einen Billig-SUV der ersten Generation gefahren hat, kann ein Lied davon singen, was die Begriffe Nick- und Wankneigung bedeuten. Allerdings ist es bisher wohl noch niemals gelungen, diesen unterhalb der Radnabe anzusiedeln. Außer bei TESLA: dort liegen die rund 800 kg schweren Batterien praktisch in der Bodengruppe verteilt und halten das Fahrzeug wie mit unsichtbarem Klebeband am Boden festgesaugt. Der Wagen liegt unfassbar gut selbst bei extremen Fahrmanövern auf der Straße.

Somit hat das Model S einen niedrigeren Schwerpunkt als ein Ferrari. Und jetzt höre ich schon, wie Kritiker sagen: Durch das hohe Gewicht leiden die Bremsen sicher ganz erheblich. Nein, ich kann beruhigen: Die Bremsen halten sogar länger als die eines normalen Autos dieser Klasse. Denn sie werden trotz des hohen Gewichts von fast 2,2 Tonnen trotzdem viel seltener beansprucht. Woran das liegt: Der TESLA ist mit einer sogenannten Rekuperation ausgestattet. Dies bedeutet „Rückgewinnung von Energie“. Bremsen ist nichts anderes als das Vernichten der unerwünschten Bewegungsenergie. Beim normalen Auto wird diese Energie schlicht vernichtet, denn sie wird in Reibungsenergie und Wärme umgewandelt. Das kann jeder nachprüfen, wenn er nach einer scharfen Autobahnbremsung anschließend die glühend heißen Bremsscheiben anfasst. Beim Tesla wird diese Energie nicht vernichtet, sondern weites möglich in Batteriestrom umgewandelt, der wieder dem Fahrzeug zugeführt wird und die Batterien auflädt. Das funktioniert ungefähr so wie ein Fahrrad-Dynamo. Also wieder einmal 1:0 für die Umwelt.

Und dann hat der Tesla noch ein Ass im Ärmel oder besser gesagt unter der Karosserie. Das Model S hat ein unfassbar großes Zulade-Volumen. Das Kofferraum Volumen beträgt insgesamt sagenhafte 895 Liter (zum Vergleich der Mercedes E-Klasse Kombi hat 600 Liter oder der Audi Q7 hat 775 Litern. Der TESLA schlägt beide weil er 2 (jawohl zwei) Kofferräume hat, nämlich einen vorne und einen hinten und dann noch umklappbare Sitzbänke (1800 Liter Kofferaumvolumen). Deshalb so groß, da die zwei Motoren (vorne und hinten für den Allradantrieb) jeweils nicht größer als eine Wassermelone sind. Und zusätzlich kein Platz für eine Kardanwelle benötigt wird. Der Wagen ist ein echter 7-Sitzer. Vollwertige 5+2 Sitze. Hinten im Kofferraum entgegen der Fahrrichtung können wahlweise zwei vollwertige Sitze eingebaut werden und fürs Gepäck bleibt immer noch Platz genug.

Das Model S hat spannende Technik eingebaut, die den Wagen sogar vollkommen automatisch fahren lassen, ob im Überland- oder im dichten Stadtverkehr. Dieses Feature wird Autopilot genannt und beinhaltet eine Frontkamera, Radarmessung und 360°-Ultraschallsensoren mit Verkehrslage-Überwachung in Echtzeit. So sind selbst Spurwechsel automatisch auszuführen und reduzieren sich nur auf eine einfache Blinkerbetätigung. Und bei der Ankunft am Ziel kann das Model S dann sogar eine passende Parklücke finden und sich selbst einparken – alles automatisch! Die serienmäßigen Sicherheitsfunktionen halten nicht nur unermüdlich Wache, um Verkehrsschilder, Ampeln und Fußgänger zu erkennen, sondern reagieren auch umgehend auf ein unbeabsichtigtes Verlassen der Spur. Da das Auto ständig weiter mit Software-Updates gefüttert wird kommen viele neue Funktionen hinzu, sowie vor kurzem den verkehrsadaptiven Tempomaten, die Frontkollisionswarnung und die kameragesteuerte Fernlichtautomatik.

Bei aktivierter Kalendersynchronisierung ermittelt das Model S die gegenwärtige Verkehrslage und berechnet, wie lange die Fahrt bis zu Ihrem ersten Meeting des Tages dauern wird. Wie ein erstklassiger Chauffeur schaltet es rechtzeitig die Klimaanlage ein und öffnet die Garagentür. Auf Privatgrund fährt das Model S sogar von selbst aus der Garage heraus und wartet davor auf den Fahrer.

Navisystem bietet weit mehr als üblich, fast schon Science-Fiction reif: Routenberechnung ok, aber nicht auf irgendwelchen Karten, die permanent für teures Geld upgedatet werden müssen und eigentlich schon bei Auslieferung des Neufahrzeugs veraltet sind.  Tesla navigiert auf Google Maps, und zwar wie vom normalen Computer gewohnt in allen Ansichtsmodi, einschließlich Satelliten- und Streetviewansicht. Aber damit nicht genug, das Navi merkt sich auf Wunsch bestimmte „Coming Home Positions“ indem sie die intelligente Luftfederung mit dem Navisytem kombiniert. So ist das System in der Lage das Fahrzeug nicht nur auf Knopfdruck das Fahrzeug um bis zu sagenhafte 20 cm (sic!) anzuheben oder abzusenken und nutzt diese Fähigkeit auch automatisch dann, wenn es die Straßenlage erfordert: Fährt man zum Beispiel in die Tiefgarage seines Arbeitsplatzes und hebt einmalig sein Fahrzeug um 12cm an um eine Einfahrtskante zu überwinden, merkt sich das System diese Einstellung. Kommt das Fahrzeug irgendwann erneut an diese Stelle, hebt das Fahrzeug bereits im Umkreis von 200m automatisch um die 12cm an, sodass man ohne anzuhalten diesen Gefahrenpunkt sicher überwindet.

Bei so vielen interessanten, neumodischen und helfenden Funktionen vergisst man doch direkt, dass der Tesla mit Strom fährt und deshalb an der Steckdose aufgeladen werden muss. Dies erscheint nervig auf den ersten Blick, doch ist eigentlich sehr entspannend. In der Nacht kann das Auto z.B. an den Hausstrom angeschlossen werden. Mit Drehstrom braucht der Tesla um die acht Stunden für eine volle Batterie. Pro volle Ladung kostet einen das dann um die 20 Euro zusätzlich auf der Stromrechnung. Doch so richtig rentiert sich der Tesla erst, wenn man das kostenlose Tesla-Super-Charging in Anspruch nimmt. In ganz Europa und Nordamerika sind an verschiedenen Raststätten die sogenannten Tesla-Supercharger verteilt. Das Aufladen bis zu 80% Batteriekapazität dauert nur etwa eine halbe Stunde. Beim Anfahren einer Supercharger-Ladestation heißt es einfach aussteigen, denn das Model S rangiert automatisch an einen freien Ladeplatz. Selbst den Ihre Garage zuhause findet das Model S ganz von allein. Dank der Technik des Autopiloten-Features. Während der Tesla am Strom hängt ist Zeit für ein Mittagessen oder einen Cappuccino, und so eine Pause auf einer Strecke, wie etwa Hamburg-Frankfurt, tut ja auch ganz gut. Unser Testfahrer brauchte trotz Aufladens für die besagte Strecke 4 Stunden und 50 min. Schneller ist man mit dem Benziner auch nicht.

Am Ende kann man sagen, Tesla bringt das Auto der Zukunft, und das schon jetzt!


Written by

Jan-Titus Willebrand

Seit seinem ersten Lebensjahr autoverrückt. Beweis: Sein erstes Wort war „Auto“. Neben der Autoleidenschaft noch Designer bei dgh-maker.com und Autor bei DIE WELT / WELT AM SONNTAG.


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