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#2 Eine neue Los Angeles Erfahrung

Es strahlte schon die Sonne über Santa Monica, als wir gegen fünf Uhr morgens wach geworen sind. Im Hostel wurde gratis Frühstück angeboten, was aber auch nur ein kleiner Trost bei einem stolzen Hostel-Preis von 130 Dollar pro Nacht war. Aber man würde satt, auch wenn man das natürlich nicht mit einem deutschen Frühstück vergleichen kann. Porrage aus der Tüte eben.
Freundlich ausgedrückt sind uns hier schon einige „sketchy“ Personen aufgefallen, haben uns aber nicht bei gedacht, und zusammen mit einer anderen Deutschen, die wir am Buffet, kennengelernt hatten, gefrühstückt.
Um 7:30h ging es los ins Großstadtgetümmel, zumindest erstmal in den Bus zum Rodeo Drive.
Wie wussten nicht, wie cool das Bussystem in LA ist. Als ich vor vier Jahren bereits längere Zeit in Los Angeles war, sind wir überall mit dem Uber hingefahren. Man lädt sich virtuell die Fahrkarte in der LA transit app herunter, und diese muss man dann mit Guthaben aufladen. Im Bus halt man sein Smartphone gegen einen Kontakt an der Kasse und die einmal Fahrt für zwei Stunden wir automatisch vom Guthaben angezogen. Kein Kleingeld und keine komplizierten Zonen-Tickets, wie in Deutschland. Hier kostet jede Fahrt gleich und das Ticket ist für 2 Stunden gültig. Bitte davon etwas abschauen, Deutschland!
Zu dem Zeitpunkt wussten wir noch nicht, dass das ÖPNV-Bezahlsystem in Sydney noch viel einfacher ist. Dazu im nächsten Blog-Eintrag mehr.
Eingestellt hatten wir uns auf Wärme und schönes Wetter, doch wir wussten noch nicht dass ein Zyklon im Begriff war, LA County zu erreichen.
15 Grad und Sonne waren da schon das höchste an Sommergefühlen.
Nachdem wir uns den Rodeo Drive angesehen Hatten und das typische Straßen Foto mit den Palmen im Kasten war, haben wir einen Vorgeschmack auf Australien bekommen und steuerten das Miss Melbourne Café in West Hollywood an. Absolut zu empfehlen für einen leckeren Kaffee, Flat White oder Cappuccino. Wenn man die Full Australia Vibe haben möchte, nimmt man natürlich den Flat White.
Weiter ging’s zum Walk of Fame in Hollywood. Dort fühlt man sich allerdings immer noch eher unwohl als willkommen. Sehr viel Schrott, viele Obdachlose und verrückte Menschen. Ein mieser Geruch auf den Gehwegen und insgesamt eher eine unfreundliche Stimmung. Einmal gesehen und weiter ging es zum Griffiths Obsaveroty. Von dort hat man eine super Sicht über die gesamte Stadt von los Angeles und im Rücken kann man noch das Hollywood Sign bestaunen. Was wirklich cool ist, dass es einige Buslinien gibt, wie auch diese, die uns zum Oberservatory führte, die komplett kostenlos sind. Die sogenannten Dash-Busse fahren auch komplett elektrisch und haben ein öffentliches Wlan an Board.
Im Internet recherchierten wir nach weiteren Sightseeing punkten. Da wir beide schonmal in los Angeles waren, gab es nicht mehr viel zu sehen, was man nicht schon gesehen hatte und was auch gut erreichbar war.
Doch eine komplett neue LA-Erfahrung machten wir dann doch noch, allerdings aus versehen.
Eigentlich wollten wir uns nur in der Nähe von Little Tokio street art ansehen, doch es kam anders.
Google Maps schlug uns die Route mit den öffentlichen Verkehrsmitteln vor. Wir waren verwundert, dass dort Metro stand. Dachten uns aber nichts dabei, denn einige Busse hier heißen auch Metro.
Tatsächlich war aber die unterirdische Metro gemeint. Und das war ein Fehler. Es fing schon damit an, dass die Rolltreppe und auch vor dem Metro Eingang alles komplett leer war, man sah nur einige wenige Menschen. Auch hier ist die Metro mit den kleinen Toren abgesichert, wo man sein Ticket reinschiebt oder eben sein Handy an den Kontakt hält. Direkt vor uns ist schon eine Person einfach drüber gesprungen.
Der Geruch der uns am Bahnsteig entgegen kam ist kaum zu beschreiben, widerlich trifft es wohl am besten. Es treiben sich einige, höflich ausgedrückt, verwirrte und heruntergekommene Menschen herum, aber das war noch in Ordnung.
Als wir den einfahrenden Zug betraten, offenbarte sich eine andere Welt. Menschen lagen in den Gängen, schliefen oder halb tot, wir wissen es nicht. Alles sehr kaputt und herunter gekommen. Wir fielen direkt auf, als einzige Europäer im gesamten Zug. Der Gestank war erdrückend. Das Handy holten wir besser nicht heraus. Hunde leckten Gesichter von Menschen, die einfach auf den sitzen dahin vegetierten oder mitten im Gang lagen.
Was ist mit diesem Land, was sich selbst als Nr. 1 Land der Welt sieht, eigentlich falsch? Ganz ganz tragisch und schlimm, dass die Menschen sich einfach selbst überlassen werden und sich keiner kümmert. Ganz anders ist das in Sydney gewesen, hier gibt es Volunteers, die sich um die Obdachlosen kümmern, es sind aber auch erheblich weniger als in Los Angeles. Aber zu Sydney später mehr.
Ich habe das Gefühl, dass die Zahl der Obdachlosen in LA nochmal stark gestiegen ist, im Vergleich zu 2018, und kann mir vorstellen, dass Corona da einen erheblichen Anteil dran hat.

Als wir an unserem Ziel angekommen sind, waren wir froh. Allerdings sind wir extra früher ausgestiegen, weil gefühlt alle Augen auf uns gerichtet waren.

Dummerweise sind wir in Downtown – Skid Row ausgestiegen, viel schöner war es hier nicht. Und die Street Art haben wir auch nicht wirklich gefunden, ein Haus sah zwar so ähnlich wie künstlerisch bemalt aus, doch wirklich sicher fühlten wir uns nicht. Mittlerweile bedeckten Wolken die Stadt und ein Wind zog auf, sodass es selbst in einer Jacke ziemlich frisch wurde. Wir schlenderten noch durch Little Tokyo und dann bestellten wir uns ein Uber wieder zurück nach Santa Monica. Die Fahrt dauerte entspannte 1,5 Stunden durch die Rush hour des abendlichen Los Angeles. Die Fahrt im Tesla Model S war trotzdem angenehm, auch wenn der Fahrer nicht der beste Autofahrer war.

Im Hostel angekommen machten wir uns schnell frisch, denn wir trafen Ardeshir. Ich habe ihn 2010 in Vancouver kennengelernt, als wir gemeinsam auf die Sentinel Secondary School gegangen sind. Als ich 2014 Work and travel in Canada machte haben wir auch viel Zeit miteinander verbracht, meist Fahrrad fahren.

 

Neun Jahre später trafen wir uns also wieder. Er macht aktuell seinen Doktor in Musik in Los Angeles. Wir tranken ein paar Bier und aßen bei einem Italiener. Es war ein schönes Wiedersehen. Auch er ist der Meinung, dass Los Angeles nicht das Wahre sei, außer das Wetter, das ist meistens gut. Außer eben aktuell. Aber sonst sei Canada schon besser.

 

Als wir uns verabschieden war es bereits ziemlich kalt und sehr windig. In den Nachrichten erfuhren wir, dass ein Zyklon auf das LA County zusteuert. Wohl gesättigt fielen wir aber erst einmal ins Bett. Morgen steht eine sehr lange Reise auf dem Programm, 16 Stunden Flug! Mal sehen was uns dann erwartet, es kann ja eigentlich nur gut werden. Außer der Flug fällt aufgrund des Wintersturms aus… Wir werden berichten!

Bis dann,
JT

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Written by

Jan-Titus Willebrand

Seit seinem ersten Lebensjahr autoverrückt. Beweis: Sein erstes Wort war „Auto“. Neben der Autoleidenschaft noch Designer bei dgh-maker.com und Autor bei DIE WELT / WELT AM SONNTAG.


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